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Privilegierte Begegnungen als »starke Botschaft«

François Trufin in Haiti
»Ich habe die große Freude gehabt, mehrere Geburten kleiner Haitianer mitzuerleben. Diese Augenblicke waren für mich richtige Glücksmomente, da wir 16 bis 18 Stunden pro Tag unter außergewöhnlich schwierigen Bedingungen arbeiteten.«

Mit der »schnellen Eingreiftruppe« B-Fast (Belgium First Aid & Support Team«) des belgischen Föderalstaates war François Trufin, Krankenpfleger in der Notaufnahme des Eupener Hospitals, kurz nach Ausbruch des Erdbebens in Haiti im Einsatz (siehe nebenstehenden Artikel).

Hier ein sehr persönlicher Erlebnisbericht aus seiner Feder:

»Bei unserer Ankunft im Flughafen von Port-au-Prince mit einer C 130 der belgischen Armee wurden wir sehr schnell mit der Realität konfrontiert. Eine große Anzahl Menschen - Männer, Frauen, Kinder aller Altersgruppen - irrte in den Ruinen der Häuser umher. Als wir mit einem 4x4-Jeep versuchten, das internationale Rote Kreuz zu erreichen, um dort das Feldlazarett mit anderen Kollegen aus vielen Ländern aufzustellen, gerieten wir in einen Stau. Auf einem Stein saß ein kleiner Junge, der mich anstarrte. Die Augen voller Tränen und das Gesicht ausgehöhlt durch Müdigkeit und Mangel an Nahrung. Schließlich zeigte er mir durch ein Handzeichen, dass er Hunger hatte. Dieses Bild wurde mein erster Kontakt mit der Bevölkerung aus Haiti. Ich gab ihm meine letzte Packung Kekse, die ich in meiner Tasche hatte, und verstand sehr schnell, wie groß die Hilflosigkeit der Bevölkerung war. Bei unserer Ankunft in Carrefour, einige Kilometer von Leogane entfernt, dem Ort, wo das Erdbeben am stärksten war, drängte sich eine große Menschenmenge vor dem Gitter des Krankenhauses. Die meisten Menschen waren in einem eher schlechten Gesundheitszustand und warteten auf medizinische Hilfe in der prallen Sonne bei ca. 40°C: Von amputierten oder gebrochenen Gliedern, Brüchen und infizierten Wunden bis hin zu Herzbeschwerden oder Atemnot reichte die Palette der Gebrechen.

Lichtblicke

Über 300 Personen kamen mit solchen und ähnlichen Problemen Tag für Tag zum Krankenhaus. Ein Psychologe des dänischen Roten Kreuzes hatte eine Struktur erstellt, um die zahlreichen Kinder aufzunehmen, die wegen Krankenhausaufenthalten der Eltern plötzlich alleine waren. Trotz der zahlreichen Reanimierungen, der schrecklichen physischen und seelischen Schmerzen gab es auch manche wenige Lichtblicke: Zwischen acht bis 15 Entbindungen konnten pro Tag registriert werden.

Somit habe ich die große Freude gehabt, mehrere Geburten kleiner Haitianer mitzuerleben. Diese Augenblicke waren für mich richtige Glücksmomente, da wir 16 bis 18 Stunden pro Tag unter außergewöhnlich schwierigen Bedingungen arbeiteten. Im selben Augenblick, in dem ich diese Sätze schreibe, kommen schreckliche Erinnerungen hoch: Ich versuchte mit einem Kollegen aus Israel, ein einjähriges Mädchen zu retten, das an einem verschluckten Gegenstand zu ersticken drohte. Die Mutter war 30 km zu Fuß gelaufen, um Hilfe in unserem Lager zu finden. Wir haben vergeblich versucht, dieses kleine Wesen zu retten. Die Mutter, die schon alles andere verloren hatte (ihr Ehemann und ihr erstes Kind waren beim Erdbeben ums Leben gekommen) ist in meinen Armen zusammengebrochen. Nach einigen Minuten stand sie wieder auf und dankte Gott, ihr in dieser schwierigen Zeit Hilfe und die nötige Kraft gegeben zu haben. Es war im allgemeinen sehr beeindruckend zu sehen, dass trotz der materiellen und psychologischen Schäden auch Freude und gute Laune herrschen konnten, ausgedrückt in religiösen Liedern, durch ein freundliches Lächeln oder durch herzliche Dankbarkeit.

Soldidarität

Die Krankenhausstruktur wurde vom Deutschen Roten Kreuz unter der Leitung des internationalen Roten Kreuzes verwaltet und vergrößerte sich von Tag zu Tag. Am Ende des Aufbaus der Zelte hatten wir eine 300-Betten-Kapazität. (...) Einheimische Pfleger und Ärzte wirkten aktiv mit. Die internationale Hilfe, kombiniert mit den Anstrengungen der Fachkräfte vor Ort, brachte eine wunderbare Solidarität hervor, wie es in Zeiten schrecklicher Katastrophen oft der Fall ist.

Schlussfolgernd kann ich nur bestätigen, dass dieses Abenteuer ein sehr großes persönliches Erlebnis für mich wurde.

Diese privilegierten Begegnungen mit der Bevölkerung des Katastrophengebietes waren jedes Mal Träger einer sehr starken Botschaft: »Alles ist zerstört, aber das Leben muss seine Rechte zurückgewinnen«. Um dies zu verwirklichen, muss die Hilfe weiterhin ankommen, auch wenn die Medien kaum noch von Haiti sprechen und der Blick der restlichen Welt Haiti zu vergessen scheint.

Versuchen wir weiterhin, gegen dieses schreckliche Schicksal zu kämpfen, indem wir unsere Hilfe auf jegliche Art anbieten!«

Quelle: © www.GRENZECHO.net